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Willkommen in der Maiausgabe von Spotlighting Museums, in der wir einen Blick in „Leaning into Value – Becoming a User-Focused Museum“ werfen, der neuesten Publikation des renommierten Museumsexperten John H. Falk.
Für alle, die neu dabei sind: Herzlich willkommen! In unserem Programm „Das relevante Museum“ steht die Besucherorientierung im Zentrum und damit alles, was auf sie einzahlt: In unseren Ausgaben von Spotlighting Museums berichten wir über unseren gemeinsamen Prozess von zwei Stiftungen und 18 Museen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, laden andere dynamische Netzwerke ein, ihr Wissen weiterzugeben und beleuchten besucherzentrierte Ansätze aus der Praxis. Regelmäßig schauen wir dabei auch in die Forschung.
Heute geht die dreitägige Konferenz „Connected Audience“ im Berliner Theater Strahl zu Ende. Knapp 200 Teilnehmende aus 19 Nationen kamen zusammen, um sich vorrangig mit der Ansprache und Einbindung von jungen Menschen zu befassen. Das „Institut für Kulturelle Teilhabeforschung“ brachte internationale Expertinnen und Experten aus Forschung, Praxis und Kulturpolitik zusammen und wird die Ergebnisse publizieren. Einer der Hauptpartner der Konferenz ist das US-amerikanische „Institute for Learning Innovation“. Gründer dieses Forschungs- und Beratungsinstituts ist John H. Falk, der sich seit Jahrzehnten mit Fragen der Nutzerzentrierung beschäftigt. Seine umfangreiche Publikationsliste legt davon Zeugnis ab.
2022 haben wir in unserer 17. Ausgabe von Spotlighting Museums John H. Falks Buch „The Value of Museums: Enhancing Societal Well-Being (2022)“ vorgestellt, in dem er den Mehrwert und die langfristige maßgebliche Wirkung eines Museumsbesuchs beleuchtet. Im Interview erläuterte er, wie Museen auf das Wohlbefinden Einzelner, von Communities und der Gesellschaft, einzahlen. Für ihn sind dabei vier Dimensionen entscheidend: die Körperliche, die Soziale, die Intellektuelle und die Persönliche.
Seine neuste Publikation „Leaning into Value: Becoming a User-Focused Museum (2025)“ knüpft daran an und richtet sich vor allem an Museumsleitungen. Mit seinem „Value Realisation Framework“ gibt er praxisorientierte Unterstützung für Transformationsprozesse von einem eher werkzentrierten Museum hin zu einem menschen- bzw. nutzerfokussierten Museum. Falk war in seiner umfangreichen langjährigen Forschung zu der Erkenntnis gekommen, dass allein eine bereichernde Erfahrung eines Museumsbesuches, und damit die Basis für eine positive Erinnerung, die Menschen zu einer Rückkehr und einer Bindung an die Institution motivieren kann. Ein gutes Verständnis der Nutzerbedarfe innerhalb des „Museum Experience Cycle“ muss daher im Vordergrund stehen, anstatt sich von einem auf eigenen Präferenzen und Intuition beruhenden Experience Design leiten zu lassen.
In den zahlreichen Gesprächen und Interviews mit über 50 internationalen Museumsexpertinnen und -experten, die Falks Buch zugrunde liegen, wird für ihn deutlich, dass Konsens im Museumssektor zu herrschen scheint darüber, dass Museen sich in Zeiten von Unsicherheiten und Polykrisen verändern sowie kollaborativer und inklusiver ausgerichtet sein müssen. Dieser Prozess wird auch nicht irgendwann abgeschlossen sein, vielmehr wird die Auseinandersetzung mit Veränderungen, unabhängig von Rolle und Position, Teil des Alltags aller sein.
Seine zehn Grundsätze, die für ihn der Schlüssel zu einem nutzerzentrierten Museum sind, entwickelt er weiter und benennt sie wie folgt:
Die Relevanz eines zukunftsorientierten Museums ist damit weniger von der Ausrichtung an der eigenen Mission oder Zielsetzung oder der Lieferung von Inhalten, als vielmehr von der möglichen Bereicherung der Lebenswelt der Menschen abhängig.
Entscheidend für den Erfolg eines Museums ist die Wirkung, die es bei seinem Publikum erzielt. John H. Falk skizziert anhand dieses Verständnisses einen Handlungsrahmen, der zeigt, wie Museen ihren Erfolg daten- und evidenzbasiert messen können. Weiter beschreibt er, wie sich das Museum in enger Verbindung mit seinen tatsächlichen und potenziellen Nutzern, Mitarbeitenden, Führungs- und Fördergremien in einem fortwährend kollaborativen Prozess der Co-Kreation weiterentwickeln muss, um tatsächlich zukunftsfähig zu bleiben. Im Rahmen dieses dynamischen Prozesses, dem „Value Realisation Process“ richtet das Museum Strukturen, Angebote und Services an den erfassten Bedürfnissen und Interessen der Nutzer aus. Dies sichert, im Ergebnis ein vielfältigeres Publikum zu erreichen und damit einen gesellschaftlichen Mehrwert zu kreieren.
Diese vier Phasen des Prozesses beschreibt er folgendermaßen:
Calibrate – Anpassen
Die Organisation lässt sich auf ständigen Wandel der Nutzerbedürfnisse ein und adaptiert seine Angebote. Das erfordert die Änderung der Ausrichtung in Fokus und Erfolgsmessung, hin zu einem „User-First-Frame of Mind“. Damit ist die Zielbeschreibung nicht mehr vorrangig an den Fragen der Sammlung und Konservierung des Kulturerbes ausgerichtet, sondern an den Bedarfen und Werten der Nutzer.
Articulate – Artikulieren
Alle werden befähigt, den eigenen Mehrwert immer wieder neu zu finden, zu benennen und zu kommunizieren und auf diesen dann in allen Bereichen der Organisation einzuzahlen. Das bedeutet, dass die gesamte Organisation, in all ihrer Komplexität, in den Prozess einbezogen wird.
Create – Kreieren
Ein werteorientiertes Ökosystem entsteht, zu dem Nutzer, Mitarbeitende, Leitungen und Förderung gehören. Die „User Experience“ wird dann weniger in kurzfristigen Interaktionen als in längerfristiger Bindung und echten vertrauensbasierten Beziehungen und Erfüllung von gesellschaftlichen Bedürfnissen gedacht.
Validate – Validieren
Die Aktivitäten und Services werden empirisch untersucht, verstärkt oder messbar weiterentwickelt. So ist es möglich, den gesellschaftlichen Mehrwert von Jahr zu Jahr im „Value Realisation Process“ zu steigern. Dabei geraten bekannte Parameter für Erfolg – wie die erreichte Anzahl von Personen oder realisierter Veranstaltungen – in den Hintergrund, zugunsten von verhaltens- oder lebensverändernden Auswirkungen, der Steigerung des Wohlbefindens, der bereichernden sozialen Erfahrungen wie Kooperation, Zugehörigkeit oder Zusammenhalt.
Dieser dynamische, sich wiederholende Prozess kann Museen ermutigen, ihre gesellschaftliche Relevanz kontinuierlich neu zu denken – nicht als statisches Ziel, sondern als fortlaufende, gemeinschaftliche Aufgabe mit und für ihr Publikum.
Das Programm „Museen als Partner für Fortschritt“ (MaP³)
Seit Jahresbeginn begleitet John H. Falk mit seiner Expertise das „Museums as Progress Programm (MaP³)“. Das Programm verfolgt einen forschungsorientierten Ansatz, um Museen bei der Entwicklung und Umsetzung einer nutzerorientierten Strategie zu unterstützen. Ein Führungskräftenetzwerk ist das Herzstück dieses Programms. Zentral sind die Zusammenarbeit und das Lernen unter Gleichgesinnten. Das Bewerbungsportal für US-amerikanische Museumsexperten ist aktuell für den zweiten Durchlauf geöffnet. Der nächste Jahrgang startet im Januar 2026. Wir werden die Entwicklungen neugierig für Sie verfolgen.
Was gibt es bei uns Neues im Programm? Was bewegt unsere Museumspartner?
Das Freilichtmuseum Molfsee lädt zum 60. Geburtstag ein. Die Landeseinrichtung bei Kiel begeht das Jubiläum seit April mit der Pflanzung von 60 neuen Bäumen und schließt mit einer Feier am 19. Juni 2025 unter dem Titel „Staub und Konfetti“ an. Zwei neue Dauerausstellungen werden an diesem Tag eröffnet: „Gespeichert. Das Freilichtmuseum im Fokus“ im historischen Speicher Piehl und „Wind. Launischer Begleiter, stete Kraft“ in der Windmühle aus Hollingstedt. Wir gratulieren sehr herzlich!
Was ist bei den programmtragenden Stiftungen los?
Mein Kollege von der SKKG, Andreas Geis und ich waren, eingeladen von Eike Holst von der Hamburger Firma Consensa, bei der Frühjahrestagung des Arbeitskreis Verwaltungsleitung und der Fachgruppe Kulturhistorische Museen und Kunstmuseen. Diese Veranstaltung ging auf in der Tagung „Museen stärken Demokratie“ des Deutschen Museumsbundes in Chemnitz. Zu Gast in den Kunstsammlungen Chemnitz haben wir, eingebettet in einen Workshop, „Das relevante Museum“ vorgestellt.
Gleichzeitig stehen wir kurz vor der Präsentation der Evaluationsergebnisse unseres fünfjährigen Programmes. Durchführende Forschungs- und Beratungsorganisation ist educult aus Wien. Die Resultate werden aufzeigen, inwieweit sich unsere Selbstpositionierung als lernendes System, in dem wir uns gemeinschaftlich dafür einsetzen, für möglichst viele unterschiedliche Menschen bedeutsame Museumserlebnisse zu erschaffen, dem Realitätscheck standhalten kann.
Unsere Erkenntnisse teilen wir selbstverständlich mit Ihnen. Wir danken Ihnen für Ihr Interesse. Begleiten Sie uns weiter und wenn Sie jemanden kennen, der zu unserer Spotlighting Museums Community gut passen könnte, leiten Sie dieser Person Ihre eigene Lieblings-Ausgabe weiter. Alle Ausgaben lassen sich im Archiv abrufen.
Ich grüße Sie herzlich aus Norddeutschland
Katja Stark, NORDMETALL-Stiftung
English Version
Welcome to the May edition of Spotlighting Museums, where we take a look at “Leaning into Value – Becoming a User-Focused Museum”, the latest publication by renowned museum expert John H. Falk.
For those joining us for the first time: Welcome! In our programme “Relevant Museum”, visitor orientation is at the heart of everything we do. This includes all the factors that support it. In our newsletter Spotlighting Museums, we share insights from our joint process involving two foundations and 18 museums from Germany, Austria, and Switzerland. We invite other dynamic networks to share their knowledge and highlight user-centered approaches in practice. We also regularly delve into relevant research.
Today marks the end of the three-day “Connected Audience Conference” at Theater Strahl in Berlin. Nearly 200 participants from 19 countries gathered to focus primarily on engaging and including young people. Organized by the “Institute for Research on Cultural Participation” in Berlin, the event brought together international experts from research, practice, and cultural policy. The results will be published. One of the key partners of the conference is the “Institute for Learning Innovation” in the US The institute was founded by John H. Falk, who has been dedicated to user-focused approaches in museums for decades. His extensive list of publications speaks for itself.
In our 17th edition of Spotlighting Museums in 2022, we featured Falk’s book “The Value of Museums: Enhancing Societal Well-Being (2022),” where he explores the added value and long-term impact of museum visits. In our interview, he explained how museums contribute to the well-being of individuals, communities, and society. He identified four key dimensions: physical, social, intellectual, and personal.
His newest publication, “Leaning into Value: Becoming a User-Focused Museum (2025),” builds on this foundation and is primarily aimed at museum leadership. With his “Value Realisation Framework”, Falk provides practical guidance for transitioning from an object-centered to a people- or user-focused museum. His long-term research led him to conclude that a museum visit's enriching experience and the resulting positive memory, can motivate people to return and form a lasting bond with the institution. A good understanding of user needs within the “Museum Experience Cycle” must therefore take priority, rather than being guided by experience design based on personal preferences and intuition.
In the numerous conversations and interviews with over 50 international museum experts on which Falk's book is based, he finds broad consensus in the sector: in times of uncertainty and multiple crises, museums must evolve to become more collaborative and inclusive. This transformation is not a one-time event, but an ongoing process that everyone, regardless of role or position, must continuously engage in.
Falk further develops his ten principles, which he sees as key to creating a user-focused museum:
The relevance of a future-orientated museum is therefore less dependent on its alignment with its own mission or objectives or the delivery of content, and more on the potential enrichment of people's lives.
The decisive factor for the success of a museum is the effect it has on its audience. John H. Falk outlines a framework for action based on this understanding, showing how museums can measure success through data and evidence. He further explains how museums must evolve in close collaboration with actual and potential users, staff, leadership, and funders in an ongoing co-creative process to remain future-ready. Within this dynamic “Value Realisation Process”, the museum aligns its structures, offerings, and services with users’ identified needs and interests. This approach helps reach more diverse audiences and creates greater societal value.
He defines the four phases of this process as:
Calibrate
The organisation embraces the constant evolution of user needs and adapts its offerings accordingly. This requires a shift in focus and success metrics toward a user-first frame of mind. The primary goal is no longer the collection and conservation of cultural heritage but responding to users’ needs and values.
Articulate
Everyone in the organisation is empowered to identify, articulate, and communicate their unique value—and to contribute to it in all areas. This means the entire organisation, in all its complexity, is involved in the process.
Create
A values-based ecosystem emerges, involving users, staff, leadership, and funders. The user experience is seen not just as a series of short-term interactions, but as a longer-term commitment built on trust, relationships, and meeting societal needs.
Validate
Activities and services are empirically assessed, strengthened, or developed further in measurable ways. This allows the societal value of museums to increase year by year through the Value Realisation Process. Traditional success metrics – such as the number of people reached or events realised – fade into the background, giving way to outcomes like behaviour or life changes, enhanced well-being, and enriching social experiences such as cooperation, belonging, or cohesion.
This dynamic process encourages museums to continually rethink their social relevance – not as a static goal, but as an ongoing, collective endeavor with and for their users.
The “Museums as Progress” (MaP³) Partner Programme
Since the beginning of the year, John H. Falk has been bringing his expertise to the “Museums as Progress Programme (MaP³)”. This research-oriented initiative supports museums in developing and implementing user-focused strategies. A leadership network lies at the heart of the programme, emphasizing collaboration and peer learning. The application portal for US-based museum professionals is currently open for the second round. The next cohort will begin in January 2026. We’ll be following its developments with great interest.
What's New in Our Programme? What's Happening with Our Museum Partners?
The Molfsee Open-Air Museum invites you to its 60th birthday. The state-run institution near Kiel has been celebrating the anniversary since April with the planting of 60 new trees and will conclude with a celebration on June 19, 2025, entitled “Dust and Confetti.” Two new permanent exhibitions will open on this day: “Stored. The Open-Air Museum in Focus” in the historic Piehl warehouse and “Wind. Capricious Companion, Constant Force” in the windmill from Hollingstedt. We send our heartful congratulations!
What's Happening at the Foundations Supporting the Programme?
My colleague from SKKG, Andreas Geis, and I were invited by Eike Holst from the Hamburg-based company Consensa to attend the spring conference of the Working Group on Administrative Management and the Specialist Group on Cultural History Museums and Art Museums. This event was part of the conference “Museums Strengthen Democracy” organized by the German Museum Association in Chemnitz. As guests at the Kunstsammlungen Chemnitz, we presented “Relevant Museum” as part of a workshop.
At the same time, we are about to present the evaluation results of our five-year programme. The research and consulting organisation responsible for the evaluation is educult from Vienna. The results will show to what extent our self-positioning as a learning system, in which we work together to create meaningful museum experiences for as many different people as possible, can stand up to the reality check.
We will of course share our findings with you. Thank you for your interest. Please continue to follow us and if you know anyone who might be interested in our Spotlighting Museums Community, please forward your favorite issue to them. All issues can be accessed in the archive.
Warm regards from northern Germany
Katja Stark, NORDMETALL Foundation